FuchsNoch vor der Welpenzeit wandern viele Jungfüchse aus dem Vorjahr ab, um sich ein neues Revier zu suchen. | Verwendung des Bildes ist ausschließlich im Kontext zu diesem Artikel und mit Nennung des Fotografen erlaubt. / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/133267 / Die Verwendung dieses Bildes für redaktionelle Zwecke ist unter Beachtung aller mitgeteilten Nutzungsbedingungen zulässig und dann auch honorarfrei. Veröffentlichung ausschließlich mit Bildrechte-Hinweis. Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei

Stuttgart (ots)Am 30. Juni 2021 wurde in Baden-Württemberg der Beginn der Schonzeit für Füchse um zwei Wochen auf den 16. Februar vorverlegt – als Kompensation für eine vierwöchige Verkürzung im Sommer. Der Landesjagdverband Baden-Württemberg (LJV) hat dies zum Anlass genommen, auch im Winter längere Jagdzeiten zu fordern: Er will Füchse noch bis Ende Februar töten dürfen. Dabei versucht er mit haarsträubenden Behauptungen und realitätsfernen Schreckensszenarien Politik und Öffentlichkeit zu täuschen. Das Aktionsbündnis Fuchs, ein Zusammenschluss von mehr als 70 deutschen Tier- und Naturschutzorganisationen, widerlegt die Thesen des LJV und fordert stattdessen eine ganzjährige Schonzeit für Füchse nach luxemburgischem Vorbild.

Foto + Text: Wildtierschutz Deutschland e.V.

Nach Darstellung des Landesjagdverbandes riskiere die Landesregierung Baden-Württemberg ohne Verlängerung der Jagdzeiten für Füchse das Aussterben bedrohter Arten und die Ausbreitung von Seuchen und Krankheiten bei Füchsen. Nachfolgend zeigen wir auf, warum derartige Äußerungen einem Öffentlichkeitsbetrug gleichen.

Jagd „reguliert“ die Fuchsbestände nicht

Beides ist durch wissenschaftliche Untersuchungen vielfach widerlegt [1]. Grund für die problematische Situation bedrohter Arten ist nicht der Fuchs, sondern die Zerstörung von Lebensräumen und Nahrungsgrundlagen der betreffenden Arten. Die Jagd auf Füchse und andere Beutegreifer bleibt in aller Regel ohne Effekt, weil steigende Geburtenraten sowie Einwanderung aus Nachbarrevieren die Verluste wieder ausgleichen. Als besonders eindrucksvolles – und abschreckendes – Beispiel dafür können die regelrechten Vernichtungsfeldzüge gelten, die man in den 1960er und 1970er Jahren gegen den Fuchs führte. Obwohl man damals nicht nur alle erlaubten jagdlichen Tötungsmethoden ganzjährig (!) und mit maximaler Intensität einsetzte, sondern zudem ganze Fuchsfamilien in ihren Bauen vergaste, konnte die Fuchspopulation nicht nachhaltig dezimiert werden. Im Gegenteil: Nach 20 Jahren dieser Kampagnen gab es nicht weniger, sondern eher mehr Füchse als zuvor.

Jagd auf Füchse begünstigt Ausbreitung von Krankheiten

Die Tollwut, die man mit diesen Maßnahmen einzudämmen gedachte, kam dadurch auch nicht zum Erliegen. Im Gegenteil: Sie breitete sich mit zunehmender Geschwindigkeit aus. Grund dafür ist, dass freiwerdende Fuchsreviere eine regelrechte Sogwirkung auf revierlose Füchse besitzen. Es begeben sich mehr Tiere auf längere Wanderungen – und diese Migrationsbewegungen sind maßgeblich für die Ausbreitung von Krankheiten verantwortlich [2]. Das allein zeigt, wie abstrus und vermessen die Behauptung des LJV ist, durch die Jagd auf Füchse Krankheiten eindämmen zu wollen.Auch im Detail versteigt sich der LJV in haltlose Thesen. So behauptet er etwa, Fuchsreviere würden nicht neu besetzt, wenn Füchse im Februar bejagt würden. Tatsächlich steigt aber gerade während der Paarungs- und kurz vor der Welpenzeit der soziale Druck in den Fuchsgruppen an, so dass es genau in dieser Phase oft noch zu regelrechten Abwanderungswellen von Jungfüchsen (aus dem Vorjahr) kommt.

Die Jagd ist als Maßnahme zum Artenschutz nicht zielführend

Das zeigt ein Blick auf die „Jagdstrecke“ zum Rebhuhn in Baden-Württemberg. Die Jagdstrecke umfasst sowohl die im Rahmen der Jagd erlegten Tiere, als auch das sogenannte Fallwild, also z.B. Unfallopfer oder aufgefundene Tiere mit einer anderen Todesursache. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei den aktuellen Zahlen zum Rebhuhn fast ausschließlich um Fallwild handelt.

Während im Jagdjahr 2011/12 dort landesweit noch 27 Tiere ausgewiesen wurden und die Strecke bis 2015 nochmal auf 97 Vögel anstieg, gab es in all den Jahren danach bis zum Ende des Jagdjahres 2020/21 gerade nochmal ein einziges Rebhuhn, welches in der Jagdstatistik als Fallwild aufgeführt wurde. Und das trotz des Abschusses von etwa 550.000 Füchsen in diesem Zeitraum.

Die landesweite Fuchsjagd also mit Artenschutzmaßnahmen z.B. für Rebhühner zu begründen ist schon deshalb ein Verschaukeln der Öffentlichkeit, weil es so gut wie keine Jagdreviere in BW gibt, in denen das Rebhuhn überhaupt noch vorkommt.

Ganzjährige Schonung von Füchsen: Ein Erfolgsmodell

In Gebieten, in denen Füchse nicht bejagt werden, sind Geburtenraten und Abwanderungspotential deutlich geringer. Zahlen aus Luxemburg, wo Füchse seit 2015 ganzjährig geschont werden, weisen darauf hin, dass die Befallsrate mit dem Fuchsbandwurm (im Gegensatz zum angrenzenden Deutschen Regionen) rückläufig ist. Eine Zunahme der Fuchspopulation wurde ebenso wenig verzeichnet wie eine stärkere Gefährdung seltener Arten.

Verlängerung der Jagdzeiten führt zu qualvollem Tod von Fuchswelpen

Es gibt also keinen vernünftigen Grund, die Jagdzeit auf Füchse auszudehnen – ganz im Gegenteil. Zum verdrehten Narrativ des LJV passt dabei, dass er die realen Konsequenzen der Fuchsjagd im Februar konsequent verschweigt. Wie wir aus den Protokollen von Wildtierstation wissen, werden Fuchswelpen in Deutschland schon ab Mitte Januar geboren. Der Abschuss von Fuchsmüttern wird also bereits bei den aktuellen Jagdzeiten billigend in Kauf genommen, weil Rüde und Fähe vor dem Schuss meist nicht zuverlässig unterschieden werden können. Abgesehen davon ist auch der Abschuss von Fuchsvätern problematisch, weil diese die Familie mit Nahrung versorgen. Untersuchungen zeigen, dass nach dem Abschuss von Fuchsvätern die Überlebenschancen der Welpen deutlich sinken. Gäbe die Politik der Forderung des LJV nach, so würde dies also zwangsläufig Jahr für Jahr zum qualvollen Hunger- oder Erfrierungstod hunderter oder tausender zusätzlicher Fuchswelpen führen.

Überwältigende Mehrheit der Deutschen gegen die Fuchsjagd

Minister Hauk sollte bei alledem auch die öffentliche Meinung zum Thema Fuchsjagd bedenken: Laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2020 sprechen sich weniger als 10 Prozent der Bundesbürger für das Töten von Füchsen als Wildtier-Managementmaßnahme aus [3].Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Jagd auf Füchse also ab.

Aktionsbündnis Fuchs fordert ganzjährige Schonzeit

Wir appellieren daher an die Landesregierung und speziell an Minister Peter Hauk, sich nicht den Forderungen des LJV zu beugen. Stattdessen ist es nötig, die aktuelle Durchführungsverordnung mit Blick auf den Tier- und Artenschutz sowie auf den Willen der Bevölkerung grundlegend zu überarbeiten und die Jagd- bzw. Schonzeiten diverser Tierarten endlich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten. Für den Fuchs bedeutet das, dass für ihn eine ganzjährige Schonzeit eingeführt werden muss. Als wirksame Maßnahme für den Artenschutz wäre es zudem sinnvoll, mehr Flächen unter Naturschutz zu stellen und die Bejagung bedrohter Arten (wie z. B. den Feldhasen, der in Baden-Württemberg noch immer bejagt werden darf) endlich zu verbieten.+++

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