Arzt

“Unser Gesundheitswesen gerät immer mehr in eine Schieflage. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Kommerzialisierung der Medizin, die von der Politik seit Jahrzehnten vorangetrieben wird. Wenn aber betriebswirtschaftliche Ziele in den Mittelpunkt rücken, steht die ärztliche Unabhängigkeit auf dem Spiel – und mit ihr die Sicherheit und das Wohl der Patienten.” Das erklärt Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), anlässlich der Vorstellung der “Thesen zur Ökonomisierung der ärztlichen Berufstätigkeit” der BÄK.

Selbstverständlich bestehe in einer als Solidargemeinschaft angelegten Krankenversicherung die Pflicht zu sparsamem Handeln, betont die BÄK ihrem Papier. “Wenn aber die ökonomischen Bewertungskriterien eine Übergewichtung erhalten, so werden rein ökonomische Ziele sukzessive zu den neuen Zielen der Medizin”, heißt es weiter. So setze das DRG-System zur Krankenhausfinanzierung Anreize zur Fallzahlensteigerung, werte die Indikationsqualität ab und belohne Aktionismus. Verloren geht aus Sicht der BÄK dabei auch das Bewusstsein für die Möglichkeit, dass gutes ärztliches Handeln auch im Unterlassen bestehen kann.

Reinhardt fordert aus diesem Grund, die Krankenhausfinanzierung umfassend zu reformieren. “Das Fallpauschalensystem ist gescheitert. Es führt zu einer grundlegenden Fehlsteuerung, weil es Krankenhäuser dazu motiviert, sich nach industriellen Gesichtspunkten zu organisieren. Wichtige Aspekte der ärztlichen Tätigkeit werden hingegen nicht honoriert, beispielsweise die Fürsorge für den Patienten.” Daher sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die Bundesregierung eine Reform der Krankenhausfinanzierung plant. “Das System muss endlich wieder vom Kopf auf die Beine gestellt werden”, so Reinhardt.

Im Thesenpapier der BÄK findet sich eine Reihe von Vorschlägen, wie eine solche Reform aussehen könnte. Notwendig sei ein Finanzierungssystem, das Ärzte darin fördert, dem einzelnen Patienten gerecht zu werden. Die BÄK fordert außerdem, den tatsächlichen Personalbedarf realistisch zu messen und die Zuwendung zum Patienten in den Mittelpunkt zu rücken. Demgegenüber müssten die bisherigen quantitativen Vergütungsmerkmale zurücktreten. “Ein neues Vergütungssystem muss die Unterschiede der Kostenstrukturen der Krankenhäuser stärker abbilden”, heißt es in dem vom Ausschuss für ethische und medizinisch-juristische Grundsatzfragen der BÄK erarbeiteten Papier weiter. “Es sollte erlösunabhängige pauschalierte Vergütungskomponenten zur Deckung fallzahlunabhängiger Vorhalte- und Personalkosten sowie fallzahlabhängige Vergütungsanteile kombinieren.”

Finanzielle Fehlsteuerungen sieht die BÄK auch im ambulanten Bereich. Auch der Einheitliche Bewertungsmaßstab setze Anreize zu einer Durchschleusungsmedizin unter Inkaufnahme einer Einschränkung der psychosozialen Versorgung. Sie warnt davor, bei der Einführung der sogenannten Hybrid-DRGs die im stationären Bereich gemachten Fehler in der ambulanten Versorgung zu wiederholen. “Krankenhäuser und ambulante Praxen sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und müssen so betrieben werden, dass ihre Orientierung am Patientenwohl erkennbar wird und erhalten bleibt”, mahnt die BÄK. Hierfür müsse die Unabhängigkeit der Therapieentscheidung geschützt und eine Ausrichtung ärztlicher Entscheidungen auf betriebswirtschaftliche Kennziffern verhindert werden.

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Mein Dank geht insbesondere an Prof. Richard Sakwa für die Erlaubnis, Zitate, übersetzt ins Deutsche, aus seinem Buch »Frontline Ukraine: Crisis in the Borderlands« (Tauris Verlag) in einer kritischen Betrachtung der Ukraine-Narrative und seines Buches zu verwenden. Es war in meinen Augen bis Anfang 2016 die beste Beschreibung der Ereignisse, und meine Kritik gilt nicht der Fakten-Analyse, sondern den daraus erfolgten Schlussfolgerungen. Richard Sakwas hauptsächliches Problem war meines Erachtens der erlaubte Rahmen der Diskussion. Nach der Tatsachenbeschreibung erfolgt die Analyse und immer, wenn Sakwa von »Unerfahrenheit«, »unbewussten Fehler«, oder »Fehleinschätzungen« hinterfragte ich, ob die Dummheit und Naivität der europäischen (und US-) Politiker wirklich so groß waren, wie es den Anschein hatte. Und in vielen Fällen habe ich den Rahmen der erlaubten Diskussion verlassen und die Meinung vertreten, dass die Protagonisten der westlichen Politik im Jahr 2014 sehr wohl wussten, was sie taten. Nicht nur der Vortrag eines Insiders, von Lawrence Wilkerson, u. a. Stabschef des US-Außenministers Powell in der Zeit der Präsidentschaft von George W. Bush, verrät, dass ihnen sehr wohl bewusst war, was sie taten. »Auch der Mainstream der Medien lässt seine Rezipienten die Bürger im Stich. Er klärt über diese Vorgänge nicht auf, oft geschieht sogar das Gegenteil, medial wird ein Schleier der Naivität ausgebreitet. Da wird ein Bild in schwarz-weiß von Schurken und Guten präsentiert, das hilft, am Kern des Übels immer mit großer Zielsicherheit vorbeizuschießen. Dann kommt einer wie Wilkerson, der im Inneren des Machtzirkels dabei war, und redet Klartext. Hier wieder aus dem Vortrag ein Beispiel über den Ukraine-Konflikt: Wilkerson: () Warum tut Putin das, was er tut? Teilweise, weil das die einzige Möglichkeit ist, wie man an der Macht bleibt und 60% Zustimmungsquoten in Moskau bekommt. Aber auch weil wir das Versprechen nicht hielten, das George H. W. Bush und Jim Baker dem damaligen Außenminister der Sowjetunion, aus der ja dann Russland wurde, Eduard Schewardnadse, und Gorbatschow und später Jelzin gaben. Und Jim sagte nahezu wörtlich, dass dafür, dass ihr (Anm. d. Autors: die Sowjetunion) kein Geheule über den größten diplomatischen Triumph des späten zwanzigsten Jahrhunderts die Wiedervereinigung Deutschlands anstimmt, wir mit der NATO keinen Zoll weiter nach Osten rücken würden; das sind Jim Bakers Worte. Was tat Bill Clinton? Er ging keinen Schritt weiter nach Osten. Nein. Bei ihm waren es ganze Länder. Er und Obama hielt das aufrecht beabsichtigte sogar Georgien und die Ukraine (Anm. d. Autors: in die NATO aufzunehmen). Wir stifteten sogar die Revolution in Kiew an. Was sollte Putin tun? Ein Drittel der sowjetischen (Anm. d. Autors: Er müsste hier wohl »russischen« sagen) schweren Waffen kommen aus der Ukraine. Die wichtigste Marine-Basis, nein Basen, Sewastopol und Odessa sind dort. Odessa könnte als nächstes dran sein, es ist militärisch sogar wichtiger als die Krim. Was sollte er angesichts einer solchen Stichelei, einer solchen Kampfansage tun?« 1 Weiterführende Literatur findet man insbesondere in Kees van der Pijls Buch über den Abschuss von MH17 (PapyRossa Verlag). Gleiches gilt für die Analyse der Schüsse auf dem Maidan, die von Ivan Katchanovski auf Academia.edu verfügbar ist. Aus diesem Grund wird über die Schüsse auf dem Maidan als auch den Abschuss von MH17 in diesem Buch nur am Rande eingegangen. Das Buch zeigt auf, dass fast alle Voraussagen, welche die Kritiker der Regierung der EU, der NATO und Deutschlands schon 2014 uns 2015 angebracht hatten, berechtigt waren.

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