Berlin, 20. Mai 2020In einem internen Schreiben des Hauptpersonalrats der Stadt Berlin, welches bereits am 27. März 2020 an den regierenden Bürgermeister und alle Senatsmitglieder per eMail geschickt wurde, wird um einen „Ausschluss von Haftungsverfahren und Regressforderungen nach der Pandemiesituation“ gebeten.  

Verfasst wurde das zweiseitige Dokument von Daniela Ortmann, Vorsitzende des Hauptbetriebsrates und Steueroberamtsrätin beim Finanzamt Wilmersdorf und Andreas Hellwig, Erzieher beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Versandt wurde es von der offiziellen eMail-Adresse hpr@hpr.berlin.de. 

Darin heißt es unter anderem „wir bitten Sie dringend darum, einen Senatsbeschluss zu fassen, wonach Ermittlungsverfahren gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wegen grob fahrlässigen Verhaltens in Zeiten der Pandemiekrise auzuschließen sind“. Die Sache würde aus Sicht des HPR keinen Aufschub dulden. 

Weiter wird dort beschrieben, dass während der Flüchtlingskrise 2015/2016 Entscheidungen nicht nach den üblichen Abläufen gefällt worden wären und die Politik (insbesondere in Personalversammlungen) versprochen habe, sich schützend vor die Angestellten zu stellen. Davon sei damals nichts bemerkt worden. Man hätte lange Zeiträume Verfahren über sich erdulden lassen müssen und es standen zum Teil existenzbedrohliche Beträge im Raum. Natürlich ist dieses Ansinnen des HPR löblich und natürlich gilt allen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes Dank und Respekt für ihre Arbeit während dieser Krise. 

Fraglich ist jedoch, ob so ein Dokument, bzw. so ein Beschluss – sollte es wo auch immer einen gegeben haben – auch als Freifahrtschein verstanden werden kann. Denn wo keine Regeln gelten, keine Strafe droht, erhält die Wilkür leider schnell Einzug. Dies macht insbesondere der letzte Absatz deutlich, in dem es heißt „Diese Pandemie weitet den Kreis derjenigen, die jetzt möglicherweise kluge Entscheidungen treffen, aber nicht alle rechtlich vorgeschriebenen Schritte einhalten, erheblich aus. Wir bitten Sie dringend, allen jetzt den nötigen Schutz zu bieten, damit Entscheidungen auch zügig und mutig gefällt werden können, ohne spätere Reue.“ 

Ich denke, auf diese mutigen Entscheidungen kann man getrost verzichten, es gibt Regeln und Gesetze, an die sich jeder Mensch zu halten hat und während der normale Bürger für kleinste Verstöße in dieser Pandemie zur Kasse gebeten wird, dürfen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes hier keine Sonderstellung erhalten. Insbesondere dann nicht, wenn man sich die vereinzelten unverhältnismäßigen Übergriffe und Straftaten einzelner Polizeibeamten anschaut, die auf Video aus vielen Perspektiven festgehalten wurden und sich im Internet viral verbreitet haben. 

So scheinen das den Aussagen des HPR nach in seiner Ausgabe „HPR Aktuell“ vom 30. April 2020 auch der Senat und der Oberbürgermeister zu sehen. So heißt es im genannten Mitgliederbrief „Eine aus unserer Sicht zufriedenstellende Antwort gab es bisher nicht. Im Gespräch wurde zwar Verständnis für unser Anliegen signalisiert, eine konkrete Umsetzung aber eher nicht in Aussicht gestellt, weil ein genereller Beschluss zu sehr als „Freibrief“ verstanden werden könne.“ Weiter heißt es, dass dieses Thema erneut im Senat behandelt werden soll. Wir bleiben gespannt und haben eine Anfrage an Oberbürgermeister Müller gestellt. 

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