Berlin: (hib/AW) – Es gibt kein prinzipielles völkerrechtliches oder verfassungsrechtliches Verbot für den Einsatz von sogenannten Kampfdrohnen. Zumindest über diesen Punkt bestand zwischen den Sachverständigen einer öffentlichen Anhörung des Verteidigungsausschusses über die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr am Montag weitestgehend Einigkeit. Trotzdem kamen die Sachverständigen zu unterschiedlichen Bewertungen: Vier von ihnen plädierten für die Ausrüstung der deutschen Streitkräfte mit unbemannten Flugkörpern, die über eine Bewaffnung verfügen, zwei sprachen sich dagegen aus.
Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, Oberstleutnant André Wüstner, sprach sich für die Beschaffung einer Bewaffnung für die Drohnen der Bundeswehr, konkret der von Israel geleasten Drohne “Heron TP”, aus. Wüstner führte aus, die deutschen Soldaten hätten mehrheitlich kein Verständnis dafür, dass die Bundeswehr noch nicht mit bewaffneten Drohnen ausgerüstet worden ist. Die Soldaten hätten ein Anrecht auf die beste Ausrüstung und den bestmöglichen Schutz in ihren Einsätzen. Es gehöre zum Soldatenberuf, tödliche Gewalt auszuüben. Es bestehe ethisch kein Unterschied, ob eine Waffe von einem Kampfpiloten oder von einem Drohnenpilot ausgelöst werde.
Diese Sichtweise vertrat auch Generalleutnant a.D. Joachim Wundrak. Der frühere Berufssoldat plädierte nicht zuletzt aus seinen Erfahrungen im Oberkommando der ISAF-Luftstreitkräfte in Afghanistan im Jahr 2011 für die Beschaffung bewaffneter Drohnen. Wundrak betonte, dass die Einsatzregeln für Drohnen sich nicht unterschieden von denen für Kampfflugzeuge. Zudem seien die Piloten von ferngesteuerten Drohnen deutlich weniger Stress ausgesetzt als Kampfpiloten in Jets oder Hubschraubern. Deshalb könnten sie die Lage am Boden besser einschätzen.
Der Völkerrechtler Andreas Zimmermann von Universität Potsdam wies darauf hin, dass die öffentliche Diskussion in Deutschland sehr stark unter dem Eindruck sogenannter extralegaler Tötungen mit Drohnen, wie sie von den USA praktiziert würden, überlagert werde. Doch dies stehe nicht zur Debatte in Deutschland. Zimmermann argumentierte ebenso wie der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München, dass die Bundeswehr im Gegensatz zu den Streitkräften der USA, Frankreichs oder Großbritanniens, die Kampfdrohnen einsetzten, eine Parlamentsarmee sei und der Kontrolle durch den Bundestag unterliege. Ein völkerrechtlich verbotener Einsatz der Drohnen könne deshalb ausgeschlossen werde.
Der Rechtswissenschaftler Christian Marxsen vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht bestätigte zwar, dass der Einsatz von bewaffneten Drohnen völkerrechtlich und verfassungsrechtlich nicht prinzipiell verboten sei. Allerdings sprach er sich dennoch gegen die Ausrüstung der Bundeswehr mit solchen Systemen aus. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Hemmschwelle für militärische Einsätze durch die Verfügbarkeit von Kampfdrohnen gesenkt werde, da durch ihren Einsatz die Gefahren für die eignen Soldaten niedriger seien. Dies sei aber vor dem Hintergrund des in der Satzung der Vereinten Nationen verankerten völkerrechtlichen Gewaltverbots problematisch. Marxsen verwies ebenso wie der Rechtsanwalt Andreas Schüller von der Menschenrechtsorganisation ” European Center for Constitutional and Human Rights e. V.” darauf, dass es erhebliche Zweifel an den parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten auch in Deutschland gebe. So habe sich Deutschland auch in der Vergangenheit bereits an völkerrechtlich höchst umstrittenen Einsätzen wie etwa im Kosovo oder in Syrien beteiligt. Marxsen und Schüller argumentierten zudem, dass derzeit nur einen unzureichender Rechtsschutz für betroffene Menschen gebe, um sich gegen einen rechtswidrigen Einsatz bewaffneter Drohnen juristisch zu wehren.
*Werbung

Der Ukraine-Bürgerkrieg
Deutschlands geopolitische Ambitionen
19,00 €
Versandkostenfrei in Europa, inkl. MwSt.
Dieses Buch beschreibt einen Teil der Epoche, in der die deutsche Politik versuchte, im Schatten des großen Imperiums, der USA, wieder zurück auf die Bühne der Weltpolitik zu kommen. Und zwar mit den alten Methoden, die seit Machiavelli zu den Werkzeugen der Politiker gehören. Ein Land sollte aus der Neutralität und den wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland gezwungen werden, um es in die NATO einzugliedern. Ein Protagonist der größten Partei Deutschlands sollte zum Präsidenten der Ukraine gemacht werden, unter anderem, indem Unruhen unterstützt wurden. Alles, was in der Ukraine seit 2014 bis heute passierte, war vorhersehbar. Und wer dieses Buch liest, der wird verstehen, dass auch das westliche, natürlich auch das deutsche Politikestablishment wusste, was passieren würde, obwohl es etwas vollkommen Anderes vorhersagte. Politische Ethik wird geleitet von Zielen wie Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, wobei sie jedoch oft im Widerspruch zu Gemeinwohl oder den Interessen von Individuen oder anderen Gemeinschaften oder Einzelpersonen stehen. Da aber der Inhalt der Begriffe Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit schon immer unterschiedlich interpretiert wurde, wird auch politische Ethik unterschiedlich interpretiert. Politische Akteure nutzen mehr und mehr die Werkzeuge der Täuschung, Lügen, Propaganda, um die Allgemeinheit zu überzeugen, dass sie »ethische« politische Entscheidungen treffen, die allerdings bei aufrichtiger bzw. vollständiger Information der Allgemeinheit von dieser nicht als »ethisch« vertretbar gesehen würden. Damit die Allgemeinheit darüber aber urteilen kann, müssen Täuschungen, Lügen und Propaganda durchsichtig gemacht werden. Mein Dank geht insbesondere an Prof. Richard Sakwa für die Erlaubnis, Zitate, übersetzt ins Deutsche, aus seinem Buch »Frontline Ukraine: Crisis in the Borderlands« (Tauris Verlag) in einer kritischen Betrachtung der Ukraine-Narrative und seines Buches zu verwenden. Es war in meinen Augen bis Anfang 2016 die beste Beschreibung der Ereignisse, und meine Kritik gilt nicht der Fakten-Analyse, sondern den daraus erfolgten Schlussfolgerungen. Richard Sakwas hauptsächliches Problem war meines Erachtens der erlaubte Rahmen der Diskussion. Nach der Tatsachenbeschreibung erfolgt die Analyse und immer, wenn Sakwa von »Unerfahrenheit«, »unbewussten Fehler«, oder »Fehleinschätzungen« hinterfragte ich, ob die Dummheit und Naivität der europäischen (und US-) Politiker wirklich so groß waren, wie es den Anschein hatte. Und in vielen Fällen habe ich den Rahmen der erlaubten Diskussion verlassen und die Meinung vertreten, dass die Protagonisten der westlichen Politik im Jahr 2014 sehr wohl wussten, was sie taten. Nicht nur der Vortrag eines Insiders, von Lawrence Wilkerson, u. a. Stabschef des US-Außenministers Powell in der Zeit der Präsidentschaft von George W. Bush, verrät, dass ihnen sehr wohl bewusst war, was sie taten. »Auch der Mainstream der Medien lässt seine Rezipienten die Bürger im Stich. Er klärt über diese Vorgänge nicht auf, oft geschieht sogar das Gegenteil, medial wird ein Schleier der Naivität ausgebreitet. Da wird ein Bild in schwarz-weiß von Schurken und Guten präsentiert, das hilft, am Kern des Übels immer mit großer Zielsicherheit vorbeizuschießen. Dann kommt einer wie Wilkerson, der im Inneren des Machtzirkels dabei war, und redet Klartext. Hier wieder aus dem Vortrag ein Beispiel über den Ukraine-Konflikt: Wilkerson: () Warum tut Putin das, was er tut? Teilweise, weil das die einzige Möglichkeit ist, wie man an der Macht bleibt und 60% Zustimmungsquoten in Moskau bekommt. Aber auch weil wir das Versprechen nicht hielten, das George H. W. Bush und Jim Baker dem damaligen Außenminister der Sowjetunion, aus der ja dann Russland wurde, Eduard Schewardnadse, und Gorbatschow und später Jelzin gaben. Und Jim sagte nahezu wörtlich, dass dafür, dass ihr (Anm. d. Autors: die Sowjetunion) kein Geheule über den größten diplomatischen Triumph des späten zwanzigsten Jahrhunderts die Wiedervereinigung Deutschlands anstimmt, wir mit der NATO keinen Zoll weiter nach Osten rücken würden; das sind Jim Bakers Worte. Was tat Bill Clinton? Er ging keinen Schritt weiter nach Osten. Nein. Bei ihm waren es ganze Länder. Er und Obama hielt das aufrecht beabsichtigte sogar Georgien und die Ukraine (Anm. d. Autors: in die NATO aufzunehmen). Wir stifteten sogar die Revolution in Kiew an. Was sollte Putin tun? Ein Drittel der sowjetischen (Anm. d. Autors: Er müsste hier wohl »russischen« sagen) schweren Waffen kommen aus der Ukraine. Die wichtigste Marine-Basis, nein Basen, Sewastopol und Odessa sind dort. Odessa könnte als nächstes dran sein, es ist militärisch sogar wichtiger als die Krim. Was sollte er angesichts einer solchen Stichelei, einer solchen Kampfansage tun?« 1 Weiterführende Literatur findet man insbesondere in Kees van der Pijls Buch über den Abschuss von MH17 (PapyRossa Verlag). Gleiches gilt für die Analyse der Schüsse auf dem Maidan, die von Ivan Katchanovski auf Academia.edu verfügbar ist. Aus diesem Grund wird über die Schüsse auf dem Maidan als auch den Abschuss von MH17 in diesem Buch nur am Rande eingegangen. Das Buch zeigt auf, dass fast alle Voraussagen, welche die Kritiker der Regierung der EU, der NATO und Deutschlands schon 2014 uns 2015 angebracht hatten, berechtigt waren.