Osnabrück (ots) – Schlafende können Morse-codierte Matheaufgaben lösen
Kognitionswissenschaftler der Universität Osnabrück weisen Kommunikationsfähigkeiten von Menschen im REM-Schlaf nach
Mit schlafenden Versuchspersonen lassen sich komplexe Nachrichten austauschen. Das haben Wissenschaftler des Instituts für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen jetzt in Studien gezeigt. „Wir konnten nachweisen, dass schlafende Menschen nicht komplett von der Wachwelt abgeschottet sind. Sie können im Schlaf sogar Morse-kodierte Matheaufgaben lösen und willentlich Fragen wie ‚Magst du Schokolade?‘ beantworten, ohne dabei aufzuwachen“, sagt Dr. Kristoffer Appel von der Uni Osnabrück. Das Journal Current Biology veröffentlicht die Ergebnisse in seiner Ausgabe vom 18. Februar 2021.
„Träume entführen uns in eine andere Realität, eine halluzinatorische Welt, die sich ebenso real anfühlt wie jede wache Erfahrung“, erklärt Appel. „Diese oft bizarren Episoden sind sinnbildlich für den menschlichen Schlaf, aber noch nicht hinreichend verstanden. Retrospektive Traumberichte wiedererwachter Menschen unterliegen der Verzerrung und dem Vergessen, was eine grundlegende Herausforderung für wissenschaftliche Untersuchungen des Träumens darstellt.“ Die Methode des Interactive Dreaming, also der geleitete Austausch zwischen einer träumenden und einer wachen Person, ebnet als vielversprechender Ansatz neuen Forschungen den Weg.

Die kognitionswissenschaftliche Studie zeigt, dass Personen, die sich während des REM-Schlafes ihres Traumzustandes bewusst waren, in der Lage waren, die Fragen eines Experimentators zu verstehen und ihm Antworten geben. Die Forscher machten sich dabei den Effekt zunutze, dass Wachwelt-Stimuli wie Töne, Lichtblinks und Tappen auf den Handrücken teilweise in Träume inkorporiert werden, d.h. dort direkt oder indirekt eingebaut werden und vom Träumer erkannt werden können. Die Antworten auf die Fragen gaben die Versuchspersonen über Augenbewegungen oder Kontraktionen der Gesichtsmuskel – auch dies lässt sich bis zu einem gewissen Grad aus dem Traum heraus willentlich ansteuern und im Schlaflabor aufzeichnen. Dabei demonstrierten einige der insgesamt 36 Versuchspersonen zahlreiche Fähigkeiten. Dazu gehörten das Erkennen der Wachwelt-Informationen im Traum, die Analyse dieser Informationen (z. B. das Dekodieren von Morse-Code-Lichtblitzen in Matheaufgaben), die Speicherung dieser Informationen im Arbeitsgedächtnis, das Berechnen einfacher Antworten und das willentliche Übermitteln dieser Antworten. Auf diese Weise konnten sechs Versuchungspersonen in 29 Fällen Fragen korrekt beantworten.
Die Schlaflabor-Experimente wurden an der Universität Osnabrück, der Northwestern University (Chicago/USA), der Sorbonne (Paris/FR) und der Radboud Universität (Nijmegen/NL) durchgeführt – unabhängig voneinander in vier Forschungsgruppen mit leicht unterschiedlicher Methodik, aber stets dem gleichen Ergebnis – und anschließend als Multi-Center-Studie zusammengefasst. Der deutsche Teil der Studie wurde dabei finanziell von der Hans-Mühlenhoff-Stiftung Osnabrück unterstützt.
„Wir haben die Ergebnisse zusammengefügt, weil wir der Überzeugung sind, dass die Kombination von Ergebnissen aus vier verschiedenen Laboren mit unterschiedlichen Ansätzen die Realität dieses Phänomens am überzeugendsten belegt”, sagt Karen Konkoly, Doktorandin an der Northwestern University in Chicago und gemeinsam mit Appel Erstautorin der Arbeit. „Und wir sehen, dass es tatsächlich unterschiedliche Wege gibt, diese bi-direktionale Kommunikation durchzuführen.”
Die potenziellen Anwendungen des Interactive Dreaming außerhalb der Forschung seien mannigfaltig, so Appel. Künstler, Komponisten und Schriftsteller könnten eines Tages vielleicht die Kreativität des Traumzustandes nutzen und ihre Werke direkt in die Wachwelt übertragen. Psychotherapeuten böte sich die Möglichkeit, Albträume direkt während des Auftretens zu behandeln. Neues Wissen „im Schlaf“ zu lernen – der Traum vieler Schüler – sei genauso denkbar wie das Training neuer musikalischer oder sportlicher Fähigkeiten oder das Nutzen der Methode für privates Entertainment. Zunächst müsse allerdings das Interaktive Träumen weiter erforscht und verbessert werden, so der Osnabrücker Kognitionswissenschaftler.
Zur Veröffentlichung:
Current Biology, Konkoly et al.: “Real-time dialogue between experimenters and dreamers during REM sleep” https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(21)00059-2 DOI: 10.1016/j.cub.2021.01.026
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Mein Dank geht insbesondere an Prof. Richard Sakwa für die Erlaubnis, Zitate, übersetzt ins Deutsche, aus seinem Buch »Frontline Ukraine: Crisis in the Borderlands« (Tauris Verlag) in einer kritischen Betrachtung der Ukraine-Narrative und seines Buches zu verwenden. Es war in meinen Augen bis Anfang 2016 die beste Beschreibung der Ereignisse, und meine Kritik gilt nicht der Fakten-Analyse, sondern den daraus erfolgten Schlussfolgerungen. Richard Sakwas hauptsächliches Problem war meines Erachtens der erlaubte Rahmen der Diskussion. Nach der Tatsachenbeschreibung erfolgt die Analyse und immer, wenn Sakwa von »Unerfahrenheit«, »unbewussten Fehler«, oder »Fehleinschätzungen« hinterfragte ich, ob die Dummheit und Naivität der europäischen (und US-) Politiker wirklich so groß waren, wie es den Anschein hatte. Und in vielen Fällen habe ich den Rahmen der erlaubten Diskussion verlassen und die Meinung vertreten, dass die Protagonisten der westlichen Politik im Jahr 2014 sehr wohl wussten, was sie taten. Nicht nur der Vortrag eines Insiders, von Lawrence Wilkerson, u. a. Stabschef des US-Außenministers Powell in der Zeit der Präsidentschaft von George W. Bush, verrät, dass ihnen sehr wohl bewusst war, was sie taten. »Auch der Mainstream der Medien lässt seine Rezipienten die Bürger im Stich. Er klärt über diese Vorgänge nicht auf, oft geschieht sogar das Gegenteil, medial wird ein Schleier der Naivität ausgebreitet. Da wird ein Bild in schwarz-weiß von Schurken und Guten präsentiert, das hilft, am Kern des Übels immer mit großer Zielsicherheit vorbeizuschießen. Dann kommt einer wie Wilkerson, der im Inneren des Machtzirkels dabei war, und redet Klartext. Hier wieder aus dem Vortrag ein Beispiel über den Ukraine-Konflikt: Wilkerson: () Warum tut Putin das, was er tut? Teilweise, weil das die einzige Möglichkeit ist, wie man an der Macht bleibt und 60% Zustimmungsquoten in Moskau bekommt. Aber auch weil wir das Versprechen nicht hielten, das George H. W. Bush und Jim Baker dem damaligen Außenminister der Sowjetunion, aus der ja dann Russland wurde, Eduard Schewardnadse, und Gorbatschow und später Jelzin gaben. Und Jim sagte nahezu wörtlich, dass dafür, dass ihr (Anm. d. Autors: die Sowjetunion) kein Geheule über den größten diplomatischen Triumph des späten zwanzigsten Jahrhunderts die Wiedervereinigung Deutschlands anstimmt, wir mit der NATO keinen Zoll weiter nach Osten rücken würden; das sind Jim Bakers Worte. Was tat Bill Clinton? Er ging keinen Schritt weiter nach Osten. Nein. Bei ihm waren es ganze Länder. Er und Obama hielt das aufrecht beabsichtigte sogar Georgien und die Ukraine (Anm. d. Autors: in die NATO aufzunehmen). Wir stifteten sogar die Revolution in Kiew an. Was sollte Putin tun? Ein Drittel der sowjetischen (Anm. d. Autors: Er müsste hier wohl »russischen« sagen) schweren Waffen kommen aus der Ukraine. Die wichtigste Marine-Basis, nein Basen, Sewastopol und Odessa sind dort. Odessa könnte als nächstes dran sein, es ist militärisch sogar wichtiger als die Krim. Was sollte er angesichts einer solchen Stichelei, einer solchen Kampfansage tun?« 1 Weiterführende Literatur findet man insbesondere in Kees van der Pijls Buch über den Abschuss von MH17 (PapyRossa Verlag). Gleiches gilt für die Analyse der Schüsse auf dem Maidan, die von Ivan Katchanovski auf Academia.edu verfügbar ist. Aus diesem Grund wird über die Schüsse auf dem Maidan als auch den Abschuss von MH17 in diesem Buch nur am Rande eingegangen. Das Buch zeigt auf, dass fast alle Voraussagen, welche die Kritiker der Regierung der EU, der NATO und Deutschlands schon 2014 uns 2015 angebracht hatten, berechtigt waren.